von Sabine Friedel
Der Bericht der Personalkommission zeigt: Sachsen hat etwas mehr als 90.000 Stellen im Stellenplan – davon sind 88.000 besetzt.
Da rufen manche:
ZU VIEL PERSONAL!
VIEL ZU VIEL!
Das sehen wir anders:
Personal ist nicht grundsätzlich schlecht oder grundsätzlich gut. Es kommt drauf an, was es macht. Das Personal im öffentlichen Dienst ist Dienstleister für die Bürgerinnen und Bürger und für die Unternehmen. Die Stellenkürzungen vor zehn Jahren haben gezeigt, dass man darauf nicht verzichten kann.
Die Leute zahlen genau dafür Steuern – dass der Staat am Laufen gehalten wird und Dienstleistungen erbringt. Also schauen wir doch mal, was das Personal so macht:
Von den 90.000 Stellen in Sachsen sind knapp 15.000 bei der Polizei.
Soll da wirklich eingespart werden?
Bei den rund 1.100 Leuten im Landeskriminalamt, die Schwerverbrechen aufklären und für Cybersicherheit sorgen? Oder bei den rund 3.300 Leuten in der Bereitschaftspolizei, die vom Fußballspiel über die Demo bis hin zur Grenzkriminalität besondere Einsätze absichern?
Personalabbau bei der Polizei hatte Sachsen schon mal.
Das hat sich als Fehler erwiesen, und die SPD hat in den letzten Jahren enorm dafür gekämpft, diese Stellen zu erhöhen.
Von den 90.000 Stellen in Sachsen sind rund 33.000 an den sächsischen Schulen tätig.
Und rund 12.000 an den sächsischen Hochschulen und Universitäten.
45.000 Leute,
die tagtäglich dafür sorgen, dass kleine Kinder das Lesen und Schreiben lernen, dass junge Menschen einen Beruf lernen oder ein Studium absolvieren.
Soll da wirklich Personal eingespart werden?
Personalabbau im Bildungsbereich hatte Sachsen schon mal.
Das hat sich als gravierender Fehler erwiesen, und die SPD hat in den letzten Jahren enorm dafür gekämpft, diese Stellen zu erhöhen.
Von den 90.000 Stellen in Sachsen sind rund 1.200 als Richterinnen und Richter an unseren Gerichten tätig.
Rund 2.200 Menschen im Justizvollzug. Und rund 7.200 Finanzbeamte in den sächsischen Finanzämtern. Mehr als
10.000 Leute
insgesamt im Bereich Steuerverwaltung, Rechtsprechung und Justizvollzug, also dort, wo es um die Finanzierung der öffentlichen Güter geht, um Gerechtigkeit und Ordnung.
Soll da wirklich Personal eingespart werden?
Personalabbau im Justizbereich, auch das hatte Sachsen schon mal.
Es hat sich – Überraschung – als Fehler erwiesen, und die SPD hat in den letzten Jahren enorm dafür gekämpft, diese Stellen zu erhöhen.
Die drei Bereiche, die ich bis jetzt genannt habe – Polizei, Bildung und Justiz – das waren zusammen schon mehr als 70.000 von den 88.000 Stellen, die gerade besetzt sind.
Und da habe ich noch gar nicht gesprochen über die Forstbeamten, die die sächsischen Staatswälder pflegen. Über die Laboranten und Ärztinnen in der Landesuntersuchungsanstalt, die jetzt Corona und die Schweinepest gleichzeitig testen und bekämpfen. Oder über die Musikerinnen und Tänzer in den sächsischen Kultureinrichtungen.
Wer Personal einsparen will, der muss Aufgaben einsparen! Der muss ehrlich sagen, was sich an den Dienstleistungen gegenüber den Bürgerinnen und Bürgern ändern soll.
Ich will von den 45.000 Stellen an den Schulen und Hochschulen keine einzige einsparen, denn ich halte das Thema Bildung für so wichtig, dass hier jede Stelle gut investiert ist.
Aber ich würde die 34.000 Lehrerinnen und Lehrer liebend gern anders einsetzen: Ich würde nicht jeden Schüler in 35 Stunden Unterricht pro Woche zwingen. Ich würde – und das zeigt ja auch Corona – auf einen Mix aus selbständigem Lernen und geführten Unterricht setzen. An Ganztagsschulen, wo Unterricht, Lernzeit und Freizeit einander abwechseln. In Finnland haben die Schüler nur 25 Stunden Unterricht pro Woche. Dümmer sind sie nicht – im Gegenteil, das zeigt Pisa. Und wenn ich mein Schulsystem, meine gesamte Pädagogik so umstelle, dass ich nur noch 70% der Unterrichtsstunden mache, die heute gemacht werden, dann kann ich die 30% Lehrkräfte, die man dann rein theoretisch nicht mehr braucht, einsetzen, um endlich kleine Klassen zu machen, eine zweite Person im Unterricht zu haben, für individuelle Lernbegleitung und nicht zuletzt auch, um das Pflichtstundenmaß der Lehrkräfte herabzusetzen.
DIESE Diskussionen gilt es zu führen, SOLCHEN Themen muss man sich öffnen, wenn man über die Effizienz von eingesetztem Personal reden will.
Pauschale Sichtweisen, dass Sachsen zu viel Personal hätte, helfen da wenig weiter – ganz gleich, ob sie vom Rechnungshof, dem Bund der Steuerzahler, Wirtschaftswissenschaftlern oder sogar kommunalen Vertretern kommen. Es gilt, die fachpolitischen Debatten über die 1.977 Aufgaben der öffentlichen Verwaltung zu führen, die diese Personalkommission ermittelt hat. Und bei jeder einzelnen Aufgabe abzuwägen: In welchem Umfang und in welcher Tiefe soll der Staat diese Aufgabe künftig erledigen?
Das muss der nächste Schritt dieser Personalkommission sein und ich hoffe sehr, dass die Staatskanzlei uns für diese fachpolitischen Diskussionen eine gute Grundlage schafft.
Niemand muss Angst vor einer aufgabenorientierten Personalentwicklung haben.
von Albrecht Pallas
Sowohl Personalkommission I als auch Personalkommission II geben uns als Landtag eine viel bessere ressortübergreifende Sicht auf den Stand und die Entwicklung des Personals als es vorher jemals der Fall war. Bis dahin gab es keine Übersicht der Gesamtentwicklung. Nur durch die Kommissionen war es möglich, dass wir die grundsätzliche Strategie für das Personal grundsätzlich umzukrempeln.
Vor 2014 wurde Personalpolitik nur nach Kassenlage gemacht. Das war nicht vorausschauend. Das schwarz-gelbe Stellenabbaukonzept, verschlechterte die Lage in allen Teilen der Staatsverwaltung gravierend. Bei gleichbleibenden Aufgaben wurden die Beschäftigten weniger und älter. Es hat im Ergebnis dazu geführt, dass der Staat in Sachsen flächendeckend nicht mehr gut funktioniert hat. Die Unzufriedenheit in der Bevölkerung ist auch darauf zurückzuführen – bezüglich des Kürzungshammers der Staatsregierung 2009–2014 sogar berechtigt. Die Folge war ein Fremdeln mit unserem freiheitlich-demokratischen Rechtsstaat. Es hat uns die ganze letzte Legislaturperiode gekosten, die schlimmsten Folgen dieser Kürzungspolitik zu reparieren: Wir haben den Stellenabbau gestoppt, in der Inneren Sicherheit, der Wissenschaft und der Bildung in Größenordnungen neueingestellt und die Ausbildungsoffensive gestartet. Die soll dafür sorgen, dass wir die in den Ruhestand gehenden Beschäftigten in den nächsten Jahren in allen Bereichen der Verwaltung ersetzen können. Das ist eine große Aufgabe: bis 2030 scheiden ca. 39.000 Bedienstete (43 %) aus dem Staatsdienst aus; durch Fluktuation sind weitere ca. 3.800 Stellen nachzubesetzen. Die Verwaltungsfachhochschule in Meißen ist dabei der Motor der Ausbildungsoffensive und als SPD wollen wir sie weiter stärken.
Ich bin auch sehr froh, dass wir als SPD erreichen konnten, dass die alten Fehler jetzt nicht wiederholt werden. Wir diskutieren ja derzeit den Haushaltsentwurf 2021/2022. Auch wenn in dem Entwurf noch einige offene Baustellen zu finden sind, so ist es doch gut, dass wir eine erneute Kürzungspolitik abwenden konnten. In der Krise kürzen wir nicht, wir investieren.
Und es ist ein gutes Signal an die Beschäftigten im öffentlichen Dienst und die Bevölkerung, dass die ‚kw-Vermerk‘e – also zu kürzende Stellen ohne dass die Aufgaben wegfallen – endlich aus dem Haushalt getilgt werden.
Damit setzen wir einen Schlusspunkt hinter die Reparatur des fatalen Kürzungshammers von 2010.
Und trotzdem kommen die alten Reflexe eines übertriebenen libertären Staatsverständnisses wieder hervor, wie z.B. die Kritik des Bundes der Steuerzahler u.a. zeigt.
Das sehen wir Sozialdemokraten ganz anders.
- Die Anzahl der Personalstellen darf nie wieder ideologisch einem Spar- und Kürzungsziel folgen, wie es in den Jahren ab 2010 der Fall war.
- Bevölkerungs- oder Einnahmeprognosen dürfen nie wieder zum allein ausschlaggebenden Parameter strategischer Personalplanung gemacht werden
Richtig ist, dass die Personalkosten im Freistaat Sachsen durch unsere langfristige und vorausschauende Personalpolitik steigen.
Richtig bleibt aber auch in jeden Fall: Selbst mit einer höheren Ausstattung sind unsere Kosten doch deutlich geringer als in anderen Bundesländern:
Laut vorläufigem Haushaltsabschluss-Abschluss 2020 hat Sachen eine Personalausgabenquote von 23,1%, im Plan 2022 eine von 25,3%. Der Freistaat Bayern, mit dem wir uns so gern vergleichen, hat im Plan 2021 eine Quote von 37,3%.
Niemand muss also Angst vor einer aufgabenorientierten Personalentwicklung haben.
Der handlungsfähige Staat ist in Sachsen wieder zu Hause. Wir haben die wertvolle soziale und kulturelle Landschaft in unserem Land seit 2014 mühsam wieder gestärkt und aufgebaut und unterstützen die sächsische Zivilgesellschaft durch eine gute Verwaltung.
Dafür werden wir Sozialdemokrat*innen weiter mit aller Kraft kämpfen.
Und wir haben in der Koalition noch einiges vor, um den öffentlichen Dienst weiter zu modernisieren, personell zu erneuern und in die Zukunft zu führen
Wir wollen in dieser Legislatur ein integriertes Personalkonzept für den Freistaat Sachsen etablieren. Dazu müssen wir Ausbildungsoffensive und Wertschätzungsoffensive konsequent weiterführen.
Wir sollten die Empfehlungen der Personalkommission II konsequent umsetzen:
- Wir brauchen für ein integriertes Personalkonzept und einen modernen öffentlichen Dienst auch eine Fortbildungsinitiative mit besseren Aufstiegsmöglichkeiten.
- Wir brauchen Fortschritte bei der Digitalisierung der Verwaltung.
- Wir brauchen langfristig gesunde Personalzyklen und eine konsequente landesweite Steuerung der Personalentwicklung.
Um das alles zu steuern sollte als erstes eine ständige Personalkommission eingerichtet werden.