Silvester ist um 14 Uhr Ladenschluss.
Klatschen allein reicht nicht – Gesetze ändern schon:
Silvester ist 14 Uhr Ladenschluss!
Briefe wie dieser haben die SPD-Fraktion in den letzten Wochen viele erreicht. Betriebsräte und Beschäftigte der großen Einzelhandelsketten sind erleichtert, dass sie am Silvestertag nicht mehr bis 22 Uhr arbeiten müssen und so den Jahresausklang mit ihren Familien verbringen können. Kleine Gesetzesänderung – große Wirkung! Doch wie kam es dazu? Und wie war es bisher?
Juni 2020
Verständigung in der Regierungskoalition, das Ladenöffnungsgesetz zu ändern
Auf Anregung von Betriebsräten von Einzelhandelsunternehmen hatte die SPD-Fraktion die Initiative zur Änderung des Sächsischen Ladenöffnungsgesetzes ergriffen und diese in die Regierungskoalition im Freistaat eingebracht.
Daraufhin hat sich die Regierungskoalition im Juni darauf geeinigt, das sächsische Ladenöffnungsgesetz zu ändern und die Verkaufszeit am Silvestertag, analog zum Heiligabend, auf 6 bis 14 Uhr zu begrenzen.
Allein in Sachsen arbeiten 120.000 Beschäftigte im Einzelhandel.
15. September 2020
Anhörung im Landtag mit 30 Betriebsrätinnen und Betriebsräten
Am 15. September fand im Plenarsaal des Sächsischen Landtags die öffentliche Anhörung des Ausschusses für Wirtschaft, Arbeit und Verkehr dazu statt.
Auf Einladung der SPD-Fraktion haben ca. 30 Betriebsrätinnen und Betriebsräte sowie weitere Gewerkschafterinnen und Gewerkschaft die Anhörung besucht.
Bereits im Vorfeld hatten sie sich im Volkshaus mit Vertreterinnen und Vertretern der SPD-Fraktion zum Meinungsaustausch getroffen.
Henning Homann, arbeitsmarktpolitischer Sprecher der SPD-Fraktion im Sächsischen Landtag, am Donnerstag zur Begrenzung der Ladenöffnung an Silvester:
„Der Landtag hat heute beschlossen, dass am Silvestertag die Geschäfte spätestens 14 Uhr schließen, damit die Beschäftigten im Einzelhandel mehr Zeit mit ihren Familien verbringen können. Die Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer bekommen für ihre harte Arbeit, nicht nur während der Corona-Pandemie, zu Recht viel Applaus. Aber klatschen allein hilft eben nicht, Gesetze ändern schon. Wer übers Jahr an vielen Wochenenden arbeiten muss, viele Abende im Supermarkt bis weit nach 22 Uhr schuftet, hat es verdient, am Silvesterabend frei zu haben“
Homann: Silvester gehört den Familien – 14 Uhr ist Feierabend!
Für das ver.di-Mitgliedermagazin hat Henning Homann, zusammen mit Jörg Lauenroth-Mago, einen Namensartikel veröffentlicht:
„Aus Respekt vor den Beschäftigten im Einzelhandel: Silvester ist in Sachsen 14 Uhr Schluss!”
31. Dezember 2020
Um 14 Uhr ist Ladenschluss.
Aus Respekt vor den Beschäftigten im Einzelhandel: Silvester ist in Sachsen 14 Uhr Schluss!
Von Henning Homann und Jörg Lauenroth-Mago
Liebe Kolleginnen und Kollegen,
ab diesem Jahr ist an Silvester im Einzelhandel in Sachsen um 14 Uhr Schluss. Die Regelung von Heiligabend wird auf Silvester übertragen. Das hat nun der Sächsische Landtag beschlossen und wir sind froh, dass uns das gemeinsam gelungen ist. Die Koalition in Sachsen setzt damit auf Initiative von Ver.di und SPD ein klares Zeichen – klatschen allein hilft nicht, Gesetze ändern schon. Wir wollen, dass die Beschäftigten im Einzelhandel Silvester in Ruhe mit Familie und Freunden feiern können. Und das machen wir jetzt.
Eine große Welle der Anerkennung für deren Arbeit schwappte im Frühjahr zeitgleich mit der ersten Viruswelle durch Deutschland. Wenig hat sich seitdem an den Arbeitsbedingungen verbessert.
Gerade bei vielen Lebensmitteldiscountern sind die Arbeitsbedingungen für viele Beschäftigte nicht gut. Verschärft wird die Situation überall dort, wo es keine aktive Betriebsratsarbeit gibt. Viele Kolleginnen und Kollegen müssen zum Mindestlohn statt zu Tariflohn arbeiten und Teilzeitverträge sind die Regel. Gerade die Kombination aus Mindestlohn und Teilzeit führt dazu, dass der Lohn oft nicht zum Leben reicht. Selten ist ein ganzes Wochenende frei und viele Mitarbeiterinnen erfahren sehr kurzfristig über Änderungen im Dienstplan. Ein selbstbestimmtes Leben, so berichtete es uns eine im Betriebsrat engagierte Kollegin, sei so nur schwer möglich.
Dabei hat die Corona-Pandemie gezeigt, was eigentlich schon alle wussten. Die insgesamt 120.000 Beschäftigten im Einzelhandel in Sachsen, insbesondere bei den Lebensmitteldiscountern, leisten einen der wichtigsten Jobs, wenn es um die Grundversorgung der Bürgerinnen und Bürger geht. Heute sprechen ja viele von „systemrelevant“, wir würden es schlicht unverzichtbar nennen, was die Kolleginnen und Kollegen da leisten, und zwar nicht nur in der Coronakrise.
Gemessen an den Herausforderungen ist die neue Silvesterregelung im sächsischen Ladenöffnungsgesetz natürlich nur ein kleiner Baustein. Vieles muss noch verbessert werden. Manches ist die Aufgabe der Politik, wie die Erhöhung des Mindestlohns auf 12 Euro oder das Recht auf zwei arbeitsfreie Wochenenden im Monat. Anderes müssen die Beschäftigten im Rahmen der betrieblichen Mitbestimmung selber erkämpfen, wie mehr Betriebsräte und ordentliche Tarifverträge.
Dafür braucht es Menschen, die das vorantreiben und sich nicht abschrecken lassen. Wie einige Betriebsräte bei einer öffentlichen Anhörung im Sächsischen Landtag erleben konnten, kommt auch die Verbesserung beim Ladenschluss nicht ohne Widerstand. Einzelhandelsvertreter und Sachverständige der AFD fanden nicht nur keine Worte der Anerkennung für die Arbeit der Beschäftigten, sie forderten stattdessen Deregulierung und leichtere Sonntagsöffnungen. Das haben wir verhindert.
Um auch in Zukunft weitere Verbesserungen durchsetzen zu können, braucht es deshalb vor allem unsere gute Zusammenarbeit. Der Vorschlag der Anpassung der Ladenöffnung an Silvester wurde durch engagierte Ver.di – Betriebsräte in die SPD hineingetragen. Diese hat ihn dann aufgriffen und durchgesetzt. Wir stellen das deshalb so heraus, weil wir wissen, dass nicht alle Beschäftigten im Einzelhandel auch die Arbeit von Gewerkschaften entsprechend wertschätzen. Deshalb, liebe Kolleginnen und Kollegen, noch mal klar und deutlich: Den früheren Ladenschluss an Silvester würde es ohne Ver.di nicht gegeben. Das müssen wir gemeinsam dieses Jahr auch noch mal laut und deutlich sagen. Bessere Arbeitsbedingungen und bessere Löhne fallen nicht vom Himmel. Dafür müssen wir alle etwas tun, in diesem und sicher auch den kommenden Jahren.
In diesem Sinne wünschen wir euch schon jetzt ein frohes Weihnachtsfest und einen guten Rutsch. Silvester stoßen wir auf euch an. Bleibt schön gesund.
Henning Homann ist Generalsekretär der SPD Sachsen und arbeitsmarktpolitischer Sprecher der SPD-Fraktion im Sächsischen Landtag. Er ist seit 1997 Ver.di-Mitglied.
Jörg Lauenroth-Mago ist Landesfachbereichsleiter Handel beim Ver.di Landesbezirk Sachsen, Sachsen-Anhalt, Thüringen und damit zuständig für Einzelhandel und Groß- und Außenhandel.