20. Mai 2021
Warum dieses Abgeordnetengesetz?
Im Mai hat der Sächsische Landtag das neue Abgeordnetengesetz beschlossen. Was sind die wesentlichen Punkte?
- Die Möglichkeit des vorzeitigen Renteneintritts wird abgeschafft. Abgeordnete haben – wie alle Beschäftigten – erst ab 67 Jahren einen Anspruch auf abschlagsfreie Altersentschädigung.
- Die Transparenzregeln werden geschärft. So kann sich die Öffentlichkeit besser über Nebentätigkeiten und die zugehörigen Einkünfte von Abgeordneten informieren.
- Die Abgeordnetendiät wird vom aktuellen Stand 5.943,50 EUR (seit 01.08.2019) auf 6.237,14 EUR (ab 01.04.2022) erhöht und orientiert sich damit an der Besoldung von Richtern (R2/6) am Landgericht.
- Die Mittel für die Beschäftigung von Mitarbeiter/innen werden von 1,5 auf 2,0 Stellen pro Abgeordneter/m erhöht. Mit dem Haushaltsgesetz werden außerdem die Mittel für die Fraktionsfinanzierung erhöht.
In der öffentlichen Debatte stehen vor allem die letzten beiden Punkte in der Kritik. Und das, obwohl einerseits die Diätenerhöhung nicht zuletzt aufgrund der Pandemie mehrfach verschoben und nun erst in einem Jahr in Kraft treten wird. Und obwohl es andererseits gerade für die Stärkung der personellen und organisatorischen Ressourcen des Parlaments sehr gute Gründe gibt – von den zusätzlichen Gesetzgebungskompetenzen für die Länder bis hin zu erheblich gestiegenen technischen und kommunikativen Anforderungen.
Ja, die getroffenen Beschlüsse sorgen für Mehrausgaben. Doch schaut man genauer hin, bleiben die Ausgaben für das Parlament gemessen am gesamten Haushalt gleich:
- Vor zehn Jahren, im Jahr 2011, umfasste der Gesamthaushalt 15,5 Milliarden Euro. Die Kosten für den Landtag (Einzelplan 01 des Haushalts) betrugen 50,5 Millionen Euro. Das entsprach einem Anteil von 0,3 Prozent.
- Nun, im Jahr 2021, beläuft sich der Gesamthaushalt auf 21 Milliarden Euro, die Kosten für das Parlament betragen 65 Millionen Euro. Das entspricht nach wie vor einem Anteil von 0,3 Prozent.
Für das Parlament, das den Haushalt aufstellt, das über den Einsatz der 21 Milliarden Euro beschließt, das die erforderlichen Gesetze hierfür schafft, deren Umsetzung durch die Staatsregierung kontrolliert und im Austausch mit der Bevölkerung, mit Verbänden und Interessengruppen für notwendige Anpassungen, für Veränderungen und neue Impulse sorgt, für diese Aufgaben 0,3 Prozent der gesamten Steuermittel einzusetzen, das halten wir nicht für vermessen.
Dass der Kostenanteil des Landtags am Gesamthaushalt trotz der beschlossenen Veränderungen seit langer Zeit gleichbleibt, im Verhältnis also nicht mehr Geld als früher ausgegeben wird, hat einen Grund – einen guten Grund:
In den letzten Jahren wurden die Ausgaben, die sich auf die persönliche Finanzierung der Abgeordneten beziehen, Schritt für Schritt reduziert. Und zwar, indem Privilegien gekappt wurden – auch mit dem aktuellen Beschluss:
Der Landtag, dem eine Antje Hermenau angehörte, kannte für ausscheidende Abgeordnete eine Altersentschädigung ab dem 60. Lebensjahr, bei langer Dauer der Zugehörigkeit konnten Abgeordnete sogar bis zu 13 Jahre früher abschlagsfrei in Rente gehen. Heute ist es im Parlament wie im normalen Leben auch: Rente ab dem 67. Lebensjahr, jeder Monat vorzeitig führt zu Abschlag.
Der Landtag, dem ein Holger Zastrow angehört hat, hatte ein Abgeordnetengesetz, in dem sich die Grunddiät an der Besoldungsgruppe R2 Stufe 8 orientiert hat (das wären heute locker 500 EUR mehr). Mit dem aktuellen Beschluss wurde die Höhe auf die Besoldungsgruppe R2 Stufe 6 festgelegt.
Die Mittel fließen stattdessen in Mitarbeiter/innen und in die Fraktionsarbeit. Das halten wir für wichtig und gut. Denn eine gute Demokratie braucht ein leistungsfähiges Parlament.
- Ein Parlament, das eine intensive Kommunikation mit der Bevölkerung, mit Verbänden und Unternehmen, mit Interessengruppen und der Gesellschaft pflegt,
- Ein Parlament, das die Regierung wirksam kontrolliert und dabei die Anliegen der Bürgerinnen und Bürger kraftvoll vertritt.
- Und nicht zuletzt ein Parlament, das den Sachverstand und die personellen Ressourcen hat, Gesetzentwürfe fundiert zu beurteilen, selbst zu schreiben und das in seiner Meinungsfindung nicht von anderen abhängig ist – weder von den Ministerien noch von Lobbyverbänden.